OK, Leute, hatte heute Morgen die totale Offenbarung. Sorry, falls schon allgemein bekannt (habe nicht so viele Videos geschaut), oder falls es jemand anders sieht, aber mir wurde es gerade erst klar und ist für mich extrem signifikant. Vielleicht ist meine Beobachtung ja auch für andere interessant.
Also … ich hole etwas aus … meine Fahzeugvorgeschichte: BMW 530xd touring (die davor erspare ich euch) à Mercedes B250e (BEV) à BMW i3s. Außerdem ein Audi A4 Cabrio in der Familie. Wir wohnen im Taunus, direkt am Großen Feldberg. Bin täglich auf kleinen kurvigen Sträßchen unterwegs und fahre dort gerne – soweit die Verkehrssituation es zulässt – recht sportlich (natürlich immer mit maximaler Rücksichtnahme auf Radfahrer etc).
Habe meinen Mach-e nun seit etwas mehr als drei Wochen. Nach der Anfangsbegeisterung hatte sich in den letzten Tagen ziemliche Ernüchterung breitgemacht. Irgendwie stimmte das Fahrgefühl nicht. Ich hatte tatsächlich angefangen, dem i3s nachzutrauern. Der Mach-e schien sich auf den Feldbergsträßchen nicht wohl zu fühlen, kein Kurvenräuber zu sein. Ich fing an, insgeheim Jogi rechtzugeben, dass der Mach-e nicht für forsche Fahrweise prädestiniert ist. Eine prima Familienkutsche, aber ein Schaf im Wolfspelz. Der Wagen wirkte auf mich insgesamt schwerfällig. Mir fehlte das GTI-Feeling.
Aber woran liegt es? Die Leistung ist m. E., wie in meinem Probefahrtbericht schon gesagt, „ausreichend“ (für die, die auf dem Handy lesen und meine Signatur nicht sehen: AWD ER), Fahrwerk ist prima, Rekuperation gut – aber der Gesamteindruck war trotzdem träge. Er wollte die Kurven nicht, und die Kurven ihn nicht. Liegt es am Gewicht? Das alleine konnte es angesichts der guten Fahrleistungen und des guten Fahrwerks eigentlich nicht sein. Oder an der Lenkung? Je mehr ich fuhr, desto mehr verstärkte und verfestigte sich meine Unzufriedenheit mit der Lenkung. Schwammig in der Mittellage, unpräzise, zu wenig direkt.
Seit der Übernahme war ich so gut wie ausschließlich in Temperamentvoll gefahren. Logisch, dachte ich, ist sicher der agilste Modus. Aber von wegen …
Heute früh morgens dann bei freier Straße die Unterschiede zwischen den Fahrmodi im Detail untersucht. Einerseits das genaue Verhalten der Lenkung, zum anderen das Fahrgefühl insgesamt. Spurassistent natürlich ausgeschaltet. Ergebnisse wie folgt.
Lenkverhalten:
- Die Lenkübersetzung (Direktheit) ist nach meinem Eindruck unabhängig vom Fahrmodus. D. h. x Grad Lenkradeinschlag bedeuten immer y Grad Lenkeinschlag. Dies ist m. E. anders als z. B. beim i3s, wo nach meinem Eindruck die Lenkung im Sportmodus direkter wurde.
- Die Rückstellkraft (der Widerstand gegen das Einschlagen) ist – außerhalb der Mittellage – umso größer, je sportlicher der gewählte Modus. In Zahm ist die Rückstellkraft gering und nach meinem Eindruck i. W. unabhängig vom Lenkeinschlag. In Temperamentvoll ist sie in der Mittellage und in einem engen Bereich um die Mittellage gefühlt genauso gering wie in Zahm, nimmt aber beim Einlenken deutlich zu. Aktiv liegt irgendwo dazwischen.
Fahrgefühl insgesamt (Disclaimer: das ist mein persönliches Empfinden. Andere mögen das anders sehen, oder andere Präferenzen haben): in Zahm macht der Wagen mir hundertmal mehr Spaß. In Zahm ist er für mich ein echter Kurvenräuber. Super agiles Fahrverhalten. Wirkt leichtfüßig trotz des Gewichts. Kurvenwillig. Sehr gut zu kontrollieren. Gleichmäßige Reaktion auf Lenkbefehle. Null Gefühl von Schwammigkeit in der Mittellage. Keine Sehnsucht nach dem i3s mehr. Ich bin mit dem Mach-e wieder im Reinen. Ein großartiges Auto. Langstreckentauglich, reichlich Platz, und dennoch super-agil. Die Liebe ist zurück.
Ich werde vermutlich fortan nur noch in Zahm fahren. Hätte ich mir bis jetzt nicht träumen lassen. Natürlich ist die Pedalkennlinie in Zahm konservativer. Das tut dem sportlichen Fahren m. E. aber keinen Abbruch. Die Leistung ist ja da, und auch abrufbar. Man muss halt etwas weiter drücken. Ich kann damit gut leben. Für mich im Vergleich zur Lenkung der kleinere Schmerz. Zumal er sich in Zahm geschmeidiger fährt – keinerlei Rucken beim Übergang von Rekuperation zu Beschleunigung. Sehr schön zu fahren. Passt für mich. Und die Rekuperation im Ein-Pedal-Modus ist ja bekanntermaßen in allen Fahrmodi gleich stark. Ich fahre ohnehin nur im Ein-Pedal-Modus. Diesbezüglich also für mich kein Nachteil in Zahm.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Ford das Lenkverhalten in Temperamentvoll in dieser Weise ausgeführt hat. In einem sportlichen Modus würde ich primär eine direktere Lenkung erwarten. Ein größerer Lenkwiderstand ist für mich kein Zeichen von Sportlichkeit (meine Meinung). Sondern das Gegenteil, wenn sich der Wagen dadurch weniger agil anfühlt. Und der ungleichmäßige Widerstand in Temperamentvoll hat mir ein Gefühl von Schwammigkeit in der Mittellage gegeben, und damit einem Mangel an Kontrolle.
Falls ich mir etwas wünschen dürfte, wäre mein agiler Traummodus wie folgt:
- Direktere Lenkung
- Geringe Rückstellkraft, unabhängig vom Lenkradeinschlag
- Aggressive Pedalkennlinie (aber ohne Lastwechselreaktion beim Stromgeben)
Und dann bitte noch Sportsitze ...
Falls das Lenkverhalten jemanden so, wie es ist, gefällt: es sei euch unbenommen, aber lasst mir bitte auch meine Präferenz. Es gibt ja genügend Modi zur Auswahl.