Ich hatte in der letzten Woche endlich eine Gelegenheit zur Probefahrt mit einem Mach E bekommen, und möchte euch meinen subjektiven Eindruck daraus als Mini-Erfahrungsbericht mitteilen.
Etwas Erfahrung mit E-Fahrzeugen ist vorhanden: Wir fahren seit Juli 2020 einen VW-Eup als Zweitwagen und haben im Dezember unseren S-Max gegen ein Tesla Model 3 AWD LR umgetauscht. Erschien uns damals als das kleinere Übel bei der Suche nach einem E-Fahrzeug mit Anhängerkupplung.
Leider sind wir mit der Zuverlässigkeit, der Praxistauglichkeit und dem Fahrkomfort des Model 3 vollkommen unzufrieden, und haben uns nach Probefahrten mit ID4, Polestar 2 und Enyaq als Nachfolger einen (natürlich roten) Mach E mit Heckantrieb, kleinem Akku und dem Technikpaket 2 bestellt, welches im September geliefert werden soll.
Fahren konnten meine Frau und ich einen AWD mit kleinem Akku, leider für nur insgesamt 40 Minuten. Daher war leider nicht mehr möglich als ein kurzer Ersteindruck. Gemäß der Promotionsdame war es ein Vorserienfahrzeug und hatte ca. 4000 km gelaufen.
Äußerlich sah der Wagen soweit gut aus, keine hängenden Türen oder schiefe Heckklappe. Nur die Ladeklappe hing leicht durch.
Optisch insgesamt ein tolles Auto (geht ja auch nicht anders, war ja Rot), was meiner Frau und mir deutlich besser gefällt als die Optik vom M3.
Im Innenraum hatte ich einen gemischten Eindruck von Bedienelementen und Verarbeitungsqualität. Das Display ließ sich flüssig bedienen, die Tasten und Schalter sind da, wo sie hingehören. Für uns alte Ford Fahrer irgendwie alles gewohnt vertraut, wie nach Hause kommen...
Die Oberfläche des Fahrersitzes hatte aber bereits deutliche Wellen ausgebildet. Passte irgendwie nicht zu einem Fahrzeug mit erst 4000 km auf dem Tacho, machte eher den Eindruck wie aus einem 100.000 km Auto. Die vielen Probefahrer vorher hatten es bereits geschafft, die Wipptasterblende für die Spiegelverstellung zu schrotten, sodaß die Spiegel nicht eingestellt werden konnten. Der Gangwahldrehschalter war auch ziemlich "locker drauf" aber funktionierte zumindest. Insgesamt machen die Bedienelemente einen etwas "günstigen" Eindruck, wie sie sich über die Laufzeit halten werden wird sich zeigen.
Das Einsteigen und die Sitzposition sind eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Tesla mit seiner "Sportwagensitzposition", das Sitzgefühl war auf Anhieb deutlich angenehmer. Dazu noch das luftige Raumgefühl durch die Fahrzeuggröße...einfach Toll.
Und dann die Abfahrt vom Hof des Händlers....das war für uns doch etwas ungewohnt behäbig, wie der Wagen von der Stelle kam. Auf den ersten Metern kam mir der Wagen bereits recht schwerfällig vor. Der Unterschied zum M3 ist ziemlich extrem, aber die Karre ist mit 340 kW auch vollkommen übermotorisiert. Der fährt sich zwar dadurch deutlich agiler und direkter, aber die Fahrleistungen des Mach E genügt uns vollkommen.
Sehr deutlich war auch der um Welten bessere Fahrkomfort im Mach E zu spüren. Das M3 rumpelt und poltert über die kleinesten Querfugen und gibt alles gnadenlos an die Insassen weiter. Der Mach E bügelt das alles sehr gut weg.
Das Innengeräusch ist Mach E auch deutlich spürbar und messbar geringer als im Tesla. Ich hatte unser Lautstärkemeßgerät aus der Firma dabei und habe bei Tempo 50 55 dBA messen können. Im Tesla sind es bei dem Tempo 58 dBA. Bei Tempo 100 ist es im Tesla mit 64 dBA sogar lauter als in unserem VW Eup, im Mach E dagegen waren es nur 61 dBA. Das ist auch subjektiv deutlich hörbar und machte die Fahrt im Mach E deutlich komfortabler, als wir es im Tesla je gefahren sind.
Die Assistenzsysteme konnte ich in meiner 20 minütigen Fahrt nur rudimentär antesten. Dabei fiel aber gleich auf, das der sogenannte "intelligente" Tempomat mit der Umsetzung der erkannten Temposchilder auf den Tempomaten, wie im Tesla, vollkommen unbrauchbar ist.
Wenn die Verzögerung von 100 km/h auf z.B. 70 km/h erst unmittelbar am Temposchild einsetzt, ist die Funktion für mich vollkommen sinnlos.
Beim Enyaq oder ID4 fängt die Verzögerung schon deutlich vor dem Schild and man fährt am 70 Schild dann auch 70 km/h. So hätte ich mir das bei Ford auch gewünscht. Zumindest alle Schilder wurden korrekt erkannt, beim Tesla mit seiner Betasoftware ist die Schilderkennung ein Lotteriespiel.
Was mich im Mach E sehr enttäuscht hat, war der Klang der B&O Anlage. Da war ich wirklich erschrocken, wie schlecht das Musikmaterial über TuneIn per Android Auto und DAB Radio wiedergegeben wurde. Ein bolleriger, matschige Bass, keine differenzierten Mitten oder Höhen. Während meine Frau fuhr habe ich bestimmt 10 Minuten versucht über die Klangeinstellung einen brauchbaren Klang aus der Anlage zu bekommen, aber vergebens. Gegenüber dem Teslasystem, und erst recht gegenüber die B&W Anlage aus dem Polestar ist das leider ein deutlicher Rückschritt für mich. Dazu dann die fehlende Möglichkeit direkt über das Fahrzeugsystem auf Spotify oder TuneIn zugreifen können...schade. Das hätte Ford besser kopieren können....
Das AVAS Geräusch war beim Rangieren auf dem Hof des Händlers deutlich Präsent und für mich extrem nervig. Ein E-Auto, was sich beim Rückwärtsfahren anhört wie ein rückwärst manövrierender Müllwagen geht für mich nicht. Aber für diesen technischen Mangel wird sich sicherlich eine technische Lösung finden...
Wir sind nach der Probefahrt die gleiche Strecke mit unserem M3 gefahren und haben dabei einen Energieverbrauch von 14 kWh/100km im Bordcomputer angezeigt bekommen. Da aber der BC Verbrauchswert in unserem M3 ein Fantasiewert ist, dürfte der tatsächliche Energieverbrauch eher bei 16-17 kWh/100 km gewesen sein. Mit dem Mach E sind wir die Strecke laut BC mit einem Verbrauch von 18 kWh/100km gefahren. Fand ich für den deutlich schwereren und höheren Mach E völlig in Ordnung, soweit sofern die Anzeige denn stimmt. Wie der Gesamtenergieverbrauch beim Mach E in der Praxis sein wird, werden in Zukunft die Daten aus Tronity zeigen. Bei unserem Fahr- und Ladeprofil mit dem Tesla hat sich eigentlich gezeigt, das uns der kleine Akku genügen müsste, da wir halt keine stetigen Langstreckenfahrer sind. Ich hoffe die Rechnung geht auf....
Toll ist es auch, in Zukunft wieder eine richtige Heckklappe im Auto zur Verfügung zu haben. Wir haben im M3 schon einige sperrige Gegenstände nicht in Wagen hineinbekommen, was schon richtig ärgerlich war.
Allerdings hätte der Kofferraum im Mach E für die Fahrzeuggröße gerne etwas größer ausfallen können, Volumenmäßig ist es keine Verbesserung zum M3. Ich verstehe auch nicht richtig, wieso Ford nicht wie bei Tesla oder Polestar durch eine Vertiefung unterhalb der Kofferraumabdeckung das Platzangebot aus einer E-Plattform besser ausnutzt.
Insgesamt waren wir mit dem Gesamtkonzept vom Mach E bei der Probefahrt sehr zufrieden und freuen uns auf unseren "Horst" im September.
Unsere Bedürfnisse an ein Auto bezüglich Zuverlässigkeit, Fahrkomfort und Praxistauglichkeit scheinen mit dem Mach E deutlich besser erfüllt zu werden als mit dem Model3. Den Verzicht auf die so überhypten Vorzüge eines Teslas nehmen wir dabei gerne in Kauf.
Gerade die meiner Ansicht nach wirklich gefährliche Phantombremsungen (hatte schon mehrere auf der Autobahn und Dutzende auf Landstrassen) muss ich nicht mehr haben...